Katharina von Siena (1347-1380), geboren als Caterina Benincasa, lebte und wirkte in unruhigen Zeiten. Auch persönlich war es schwer für sie. Zahlreiche ihrer mehr als zwanzig Geschwister starben früh an der Pest, die adlige Familie war verarmt, Lesen und Schreiben lernte Katharina erst als Erwachsene. So hart wie die Zeiten war auch ihr Wille.
Bereits mit sechs Jahren berichtet Katharina von ihrer ersten Vision von Jesus, dieses Ereignis prägte sie nachhaltig. Als sie mit zwölf Jahren verheiratet werden sollte, widersetzte sie sich. Ihr Leben sollte voll und ganz auf Jesus ausgerichtet sein. Mit 16 Jahren ging sie den entscheidenden Schritt und schloss sich gegen den Willen ihrer Eltern den Dominikaner-Terziarinnen an, die wegen ihres langen schwarzen Umhanges über dem weißen Gewand „Mantellatinnen“ genannt wurden. Ihr Leben schien vorgezeichnet: Asketisch, allein mit Gott.
Eine weitere Vision änderte dies. Katharina gab ihr zurückgezogenes Leben auf und widmete sich mit Energie der Pflege von Armen und Kranken. Nicht minder energisch war ihr Engagement gegen den Verfall und für Reformen der Kirche. Mit deutlichen Worten sparte sie dabei nicht. Selbst vor Bischöfen machte sie nicht halt. Das hatte Folgen. 1374 musste sie vor den Oberen des Dominikanerordens in Florenz ihr Verhalten erklären. Für eine Frau war das ungewöhnlich und wurde von Klerikern argwöhnisch betrachtet. Doch Katharina überzeugte; von Historikern vermutete Vorwürfe wegen Ketzerei wurden, wie es scheint, fallen gelassen. Fortan durfte sie im offiziellen Auftrag handeln, predigen und publizieren. Das tat sie nicht nur zu kirchenpolitischen Themen, sondern ebenso zu spirituellen und mystischen Fragen.
Mit ihren Sorgen um die Kirche wandte Katharina sich auch an den Papst. In zahlreichen Briefen forderte sie umfassende Kirchenreformen, um die Seelsorge zu stärken. Aufgrund ihres Zuredens verlegte Gregor XI. (1329-1378) den Papstsitz nach Jahrzehnten von Avignon zurück nach Rom, wohin sie ihn auch persönlich begleitete.
Rückschläge blieben für Katharina nicht aus. Als Urban VI. (1318-1389) den Stuhl Petri bestieg, versagten ihm französische Kardinäle die Gefolgschaft und wählten einen Gegenpapst. Erst 1418, nach verschiedenen Päpsten und Gegenpäpsten, endete die Spaltung, die als Abendländisches Schisma in die Geschichte einging. Katharina erlebte das jedoch nicht mehr.
Zum Ende ihres Lebens belegen ihre Briefe Ohnmacht und Verzweiflung – auch angesichts der gespaltenen Kirche. 1380 starb sie schwer erkrankt mit 33 Jahren, der Überlieferung nach in der Peterskirche in Rom. In Italien gilt Katharina von Siena als größte Frau der Kirchengeschichte. Davon zeugt nicht nur ihr umfangreiches theologisches Werk, sondern auch ihre Funktion als päpstliche Ratgeberin. Keine hundert Jahre nach ihrem Tod sprach Papst Pius II. sie 1461 heilig. 1939 wurde sie Schutzpatronin Italiens, 1970 Kirchenlehrerin und 1999 zusammen mit Birgitta von Schweden und Edith Stein gar Schutzheilige des ganzen europäischen Kontinents.